In der betrieblichen Qualitätssicherung großer Maschinenbauteile , im Kraftwerksservice, Chemieanlagenbau und vielen anderen Industriebereichen kommt ambulanten metallographischen Prüfverfahren eine wichtige Rolle zu. Allein durch diese Art der Prüfung können zerstörungsfrei, also ohne Probenentnahme, Aussagen zum Gefügezustand bzw. zu Gefügefehlern getroffen werden. Ihrer Größe wegen entziehen sich die meisten Bauteile einer direkten zerstörungsfreien mikroskopischen Untersuchung, sieht man von portablen Mikroskopen mit begrenzter Vergrößerung einmal ab. Oftmals müssen Aussagen über das Gefüge eines Bauteiles getroffen werden, ohne dabei das Bauteil modifizieren oder zerstören zu dürfen. Diese Bedingungen findet man beispielsweise bei immobilen Bauteilen des laufenden Betriebs, wie z.B. bei Rohren in Kraftwerken. Ebenso können sich Bauteile einer eingehenden Untersuchung aufgrund ihrer Größe entziehen, wie z.B. bei großen Turbinenschaufeln oder ganzen Turbinengehäusen oder auch, weil wegen der hohen Bauteilkosten eine zerstörende Probenentnahme ausgeschlossen ist. Um diese Objekte einer metallographischen Gefügeuntersuchung zugänglich zu machen, werden annähernd zerstörungsfreie Untersuchungsmethoden benötigt. Für dieses Anwendungsfeld wurde die ambulante Metallographie entwickelt. Bei der ambulanten Metallographie, auch Bauteilmetallographie genannt, wird nicht die Probe zum Labormikroskop im stationären Metallographielabor transportiert, sondern es werden umgekehrt die metallographischen Untersuchungen nach der Präparation vor Ort direkt am Objekt durchgeführt. Schleifen, Polieren und Ätzen erfolgen also mit tragbaren Geräten direkt am Bauteil, die Gefügeuntersuchung mit portablen Mikroskopen oder über Abdrucktechniken.
Bauteilmetallographie
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Um Werkstoffe immer besser an ihre Einsatzbedingungen anpassen und neue Anwendungen für sie erschließen zu können, müssen Methoden und Geräte kontinuierlich weiterentwickelt werden, die zur Gefüge- und Strukturuntersuchung von Materialien dienen. Diese Aufgabe erfüllt die Materialographie. Dies beinhaltet Probenpräparationsverfahren, verschiedenste mikroskopischen Methoden (einschließlich der Elektronenmikroskopie und der hoch auflösenden Röntgen-Computertomographie) sowie die Analyse, Bewertung und Dokumentation der mikroskopischen Untersuchungsergebnisse.
Im Klimaschutz, aber auch auf den Gebieten der Ressourceneffizienz und der Nachhaltigkeit leistet die Materialographie wichtige Beiträge. Nicht zuletzt dient sie dazu, durch eine Weiterentwicklung der Verständnisbasis von Materialien die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie auf den unterschiedlichsten Feldern zu sichern – und damit den Wohlstand der Gesellschaft und den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Im Bereich der hochaufgelösten Rasterelektronenmikroskopie (REM) mit fokussiertem Ionenstrahl (FIB), der Atomsondentomographie und der 3D-Mikroskopie, aber auch bei der digitalen Bildanalyse sowie auf dem Gebiet der computergesteuerten Mikroskope und der Röntgenmikroskopie konnten in den letzten Jahren zahlreiche Durchbrüche erzielt werden. In den nächsten Jahren sind trotzdem noch viele Herausforderungen zu meistern. So muss die Automatisierte Multiskalen-3D-Mikroskopie für die Materialographie ebenso weiter entwickelt werden wie jene Möglichkeiten, die zur Erstellung (physikalischer) Modelle zur Beschreibung der Gefüge-Eigenschaftskorrelationen führen können: Auf diesen Gebieten gibt es noch große Potenziale für die Forschung.
Zur Weiterentwicklung der Materialographie sind in diesem Rahmen Forschungsprojekte zum Thema Methodenentwicklung für wichtige Querschnittsthemen zwingend notwendig: etwa zur Verbesserung mikroskopischer Methoden oder zur Entwicklung physikalischer Modelle, mit denen sich Eigenschaften aus der chemischen Zusammensetzung und dem Gefüge besser als bisher berechnen lassen. Auch in der Simulation der Entstehung von Gefügen sowie der Berechnung der Eigenschaften aus dem Gefüge existiert großer Forschungsbedarf. Hierzu müssen interdisziplinärer Projektteams geschaffen und vor allem auch IT-Kompetenz mit eingebunden werden.